Was wiegt ein nasser Feuerwehrler in kompletter Schutzausrüstung? Wie beweglich bin ich mit Atemschutzausrüstung im Wasser? Wie nehme ich einem Feuerwehrler in einer Notsituation im Wasser seine Ausrüstung ab? Gehe ich mit einer Wathose unter wie ein Stein? Mit welcher Tragehilfe hole ich einen Patienten möglichst schonend über eine hohe Kante aus dem Wasser?
„Wir wollen heute lernen!“ Mit diesem Ziel begrüßten Bettina Kremer, technische Leiterin der Wasserwacht Thalmässing, und Sebastian Schneider, Kommandant der Feuerwehr Thalmässing, ihre interdisziplinäre Truppe zur ersten gemeinsamen Freibad-Übung der beiden Hilfsorganisationen. An Land hatten Feuerwehr und Wasserwacht schon öfter gemeinsam geübt, um Handlungsabläufe und Material der Kollegen kennenzulernen und sich auf mögliche gemeinsame Einsätze vorzubereiten. Zu Beginn der Saison ging es dann erstmals gemeinsam ins Wasser.
Der erste Übungskomplex widmete sich dem Verhalten der Feuerwehr-Schutzausrüstung im Wasser. Insbesondere bei Hochwassereinsätzen oder bei Einsätzen an Wasserbecken oder Güllegruben kann es zu gefährlichen Situationen kommen, denn die Ausrüstung eines Atemschutzgeräteträgers wiegt trocken bereits 18 Kilogramm. Erste Erfahrungen zu durchnässter dicker Kleidung brachte die Wasserwacht aus vorhergehenden Übungen mit: „Wir schwimmen gegen Saisonende in einer Übung in beliebigen eigenen Klamotten“, berichtete Kremer aus dem Übungskatalog. Sandra Karch hatte das letztes Jahr in voller Skimontur getan und machte den Feuerwehrlern Mut: „Die ersten paar Minuten hat man durch die Luftschicht in der Kleidung noch sehr viel Auftrieb. Erst nach drei, vier Minuten sickert das Wasser durch und das Schwimmen wird mühsamer.“ Ähnliche Erfahrungen machten die Floriansjünger kurz darauf in ihrer Einsatzkleidung: Abgesichert mit einer Leine und begleitet von den Wasserrettern Valentin Helbig und Jan und Lea Kremer wagte sich Schneider ins ungewohnte Nass. „Überhaupt kein Problem“ stellte er erleichtert nach den ersten Metern fest. Am Ende der Bahn stieg er trotzdem schwer schnaufend aus dem Wasser. „Ich wollte eigentlich 100 Meter schwimmen, aber auf den 50 Metern waren die letzten 4 Meter schon ganz schön heftig“, gab er zu. Problematisch ist dabei die große Masse, die man mit der durchtränkten Kleidung bei jedem Schwimmzug beschleunigen muss. Aber die wahre Herausforderung kommt erst danach: „Wie 50 Kilo Zement auf den Füßen“ fühle sich das nasse Equipment an, wenn man versucht, wieder an Land zu kraxeln, stellte Florian Hochthanner fest, der in einer zweiten Runde das Experiment wagte. „Als hätte man rechts und links jeweils einen auf den Schultern sitzen“, bestätigte Wolfgang Meyer nach dem Selbstversuch. Die Waage bestätigte den Verdacht: Zu den 18 Kilogramm Eigengewicht kamen 20 Kilogramm Wasser, die an Land gewuchtet werden wollten. Kein Grund, weitere Einsatzkräfte vom Selbsttest abzuhalten: Vivan Paul, die in beiden Rettungsorganisationen aktiv ist, startete mit formvollendeten Startsprung ins Wasser und Jenny Mathes folgte mit dem Übungsgerät der Atemschutzgeräteträger. Dieses galt es für die Wasserretter, im Wasser abzunehmen. „Etwas knifflig“, aber letztlich lösbar war auch diese Aufgabe.
Besonderen Respekt hatten die Wasserretter vor den Wathosen, die in der Feuerwehr zum Einsatz kommen. „Die werden im Fließgewässer unkontrollierbar, besagt die Theorie“, gab Kremer einen Einblick in die Ausbildung der Wasserretter. „Ist das wirklich so?“ wollten sie nun wissen. Karl Bauer schlüpfte hinein und stieg ins Becken. Das Ergebnis: „Zuerst hat man großen Auftrieb, dann schmiegt sich die Hose durch den Wasserdruck langsam an und man wird schwerfällig“, resümierte Bauer. Echte Schwierigkeiten entstanden dadurch aber nicht – „im stehenden Gewässer!“, wie Kremer erinnerte. „Schleppt ihn doch mal ein Stück!“, forderte sie ihre Wasserretter auf und traf damit den Nagel auf den Kopf. „Wahnsinnig schwierig!“, befanden diese schon auf den ersten Metern Richtung Ufer, als das Wasser in die Wathose strömte und sich gegen die Bewegung sperrte. Wie schwer es sein muss, mit einer vollgelaufenen Wathose aus einer Strömung wieder auf die Beine zu kommen, können sich die Retter nun wahrlich vorstellen. „Die treibt einen wie ein Fallschirm davon“, sah Kremer die Warnungen bestätigt.
In einer zweiten Übungseinheit testeten die Einsatzkräfte, welche Tragehilfen der Feuerwehr auch für eine Rettung aus dem Wasser sinnvoll sind. Standard der Wasserwacht für diese Szenarien ist das Spineboard. Als Goldstandard machte das schwimmfähige Brett mit Gurtsystem und Kopffixierung den Anfang. Mit „Los!“ starteten die Stoppuhr, die Videokamera von Florian Schneider und die Rettungsaktion. Nach 1:30 Minuten war Feuerwehrler Hochthanner fachgerecht aus dem Becken gefischt. Zum Vergleich wiederholte das Team die Übungsrettung mit der Schleifkorbtrage aus dem Feuerwehrrepertoire. „40 Sekunden“, lautete hier das Ergebnis auf der Uhr. Allerdings biete die Schleifkorbtrage keine Möglichkeit, den Kopf zu stabilisieren, relativierten die Retter den zeitlichen Vorteil.
Ergebnisse, die Eva Trickl und Anika Burger detailliert mitnotierten. Denn den Einsatzleitern kam es nicht nur auf die Erfahrungen der Teilnehmer an, sondern auch darauf, Schulungsmaterial zu erstellen. Die Dokumentation, Foto- und Videoaufnahmen der Übung werden ab sofort für die Ausbildung in Feuerwehr und Wasserwacht weiterverwendet. Mit den vielfältigen Erkenntnissen des Tages und den Aufnahmen im Gepäck traten alle Retter zufrieden den Heimweg an – zwei Busse voller nasser Sachen inklusive.